Ein Fotoauftrag, der schnell erledigt werden sollte
Vor ein paar Tagen hatte ich für einen Kunden einige Architekturaufnahmen zu machen. Ich durfte die Kirchen hier im Dessau-Wörlitzer Gartenreich fotografieren. Ein paar von den gesuchten Motiven hatte ich noch im Archiv - aber einige Kirchen musste ich neu aufnehmen. Das Wetter war gerade günstig, also schnell die Kamera eingepackt und raus in das Vergnügen. Was packe ich ein, um ordentliche Architekturfotos zu machen? Richtig. Auf jeden Fall ein Stativ und ein extremes Weitwinkelobjektiv - na ja, und meine Nikon D 850.
Mein erstes Ziel war die Kirche von Vockerode. Sie steht direkt an der Straße und ist von etwas größerer Entfernung leider nicht mehr gut zu fotografieren. Also bleibt nur die Position direkt davor und dann haben wir schon das Problem. Die Kirche kippt nach hinten weg. Und auch wenn man heute sehr, sehr viele solche Bilder überall sieht - lasst euch gesagt sein: So geht's nicht! Eins der ersten Dinge, die man als Fotograf in der Ausbildung lernt, ist, dass Architekturen senkrecht zu sein haben! Früher mussten wir da noch mit der Großformatkamera los. Bei diesen Kameras ließen sich die Objektivebene wie auch die Ebene mit dem Film horizontal oder auch vertikal gegeneinander verschieben. Die Kamera musste zunächst völlig waagerecht auf einem Stativ aufgebaut werden. Dann verschob man die Objektivstandarte so weit nach oben, bis der obere Teil des Gebäudes mit im Bild war - der unnütze Vordergrund verschwand damit am unteren Bildrand. Die Weitwinkelobjektive waren sehr teuer, weil der Bildkreis des Objektives ja wesentlich größer sein musste als die 9 x 12 cm Mattscheibe. Worüber ja niemand nachdenkt, dass Objektive eigentlich ein rundes Bild (Bildkreis) erzeugen - das braucht nur niemand, weil Bilder in der Regel nun mal viereckig sind. Also ist das eigentliche Bild, welches man auf der Mattscheibe sieht, nur ein kleiner Ausschnitt. Darum herum ist ein großes rundes Bild, welches zum Rand hin immer dunkler und schlechter in der Quialität wird. Heute nutzen wir an unseren modernen Kameras Tilt-Shift-Objektive. Dort kann ich den vorderen Teil des Objektives hoch und runter schieben. Das erfüllt den selben Zweck, wie früher unsere Großformatkameras.
Da diese Tilt-Shift-Objektive aber doch sehr preisintensiv sind, gibt es vielleicht noch eine günstigere Variante, nämlich die Benutzung der Perspektivkorrektur im RAW-Modul von PhotoShop. Dort kann man erst einmal die normale Entwicklung der Datei vorantreiben. Ist man mit den Farben und Tonwerten zufrieden, führt einen ein Klick im oberen Menü auf diese kleine, verzerrte Gittersymbol zur Perspektivkorrektur.
Auf dem Bild sieht man schon, dass die Senkrechten nun tatsächlich senkrecht sind. Die Veränderung wurde mit dem Vertikal-Regler erreicht. Außerdem führten zusätzlich der Versatz-, der Skalier-
und der Aspekt-Regler zum korrekten Ergebnis. Man braucht einfach nur etwas an den Reglern zu schieben. Die Korrektur ist logischerweise bei jedem Foto anders - je nach Neigung der Kamera bei der
Aufnahme.
Wichtig ist bei solchen Fotos, dass man bei der Aufnahme selbst etwas mehr Platz um das eigentliche Motiv lässt. Durch die Entzerrung verliert man natürlich immer etwas vom eigentlichen Bild.
Also immer noch einen Schritt zurück bei der Aufnahme...
Am Ende erhält man dann ein perfekt entzerrtes Foto. Gedauert hat das ein paar Sekunden. Dadurch unterscheidet ihr euch auch von den zahlreichen Hobbyknipsern mit ihren vielen schiefen Bildern. Das lohnt sich doch - also in Zukunft wird entzerrt!